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"Es ist doch alles gar nicht so schlimm!"

"Center Parcs" stellt seinen "Master-Plan" für das Muna-Wald-Gelände vor

"Center Parcs" hat die Katze aus dem Sack gelassen und seinen "Master-Plan" für das beabsichtigte neue Resort im 155 Hektar großen Muna-Wald vorgestellt – einem Waldgebiet im mittelfränkischen Brombachtal, das seit Jahrzehnten sich selbst überlassen ist und in dem sich eine außergewöhlich große Artenvielfalt entwickeln konnte. "Center Parcs" setzt alles daran, seine geplanten, massiven Eingriffe in das Naturgebiet kleinzureden, doch Fakt ist: Das Muna-Gelände würde als Waldgebiet bis auf einen kleinen Rest-Baumbestand weitgehend verlorengehen. Aus dem bestehenden Waldparadies soll eine künstliche Naturidyll-Kulisse für Massentouristen werden.

Dort, wo sich seit Jahrzehnten ein kleiner Urwald entwickelt, sollen möglichst rasch die Rodungs-Harvester und Bagger anrollen. „Nur“ etwa „plus minus“ 800 Ferienhaus-Einheiten mit 1.800 Parkplätzen sollen auf dem Muna-Waldgebiet laut einer Präsentations-Folie entstehen, auf einer weiteren Folie ist von 800 bis 850 Gebäuden die Rede. Aber egal, so lautet offenbar die Botschaft an die Waldschützer:innen, deren Bedenken man natürlich unfassbar ernst nehme – denn ursprünglich seien immerhin einmal 800 bis 1.000 Ferienwohneinheiten ins Auge gefasst worden. Alles also gar nicht so schlimm! Zudem würden zwar 250.000 Quadratmeter Fläche versiegelt werden, aber das seien ja „nur“ 30.000 Quadratmeter mehr als bislang. Denn die NS-Luftwaffe hatte hier einst eine Munitionsanreicherungs-Anlage errichtet (daher auch der Name „Muna-Wald“) und dafür in den 1930er-Jahren unter anderem Straßen, Bunker sowie Produktions- und Schlafräumlichkeiten in den Wald gebaut.

Insgesamt betrage der Waldverlust „nur“ 27 Hektar, also 270.000 Quadratmeter. Was in den Darstellungen des Touristik-Konzerns jedoch freilich fehlt, ist die Tatsache, dass sich die Natur in den vergangenen gut 75 Jahren ihren Wald Stück für Stück zurückerobert hat – Experten sprechen von „natürlicher Sukzession“, was meint, dass die Natur im Laufe der Zeit brachliegende Bauten und Bauflächen überwuchert, bis diese irgendwann komplett integriert bzw. verschluckt sind. Dies ist etwa in Mittelamerika besonders deutlich geworden, wo Forscher per Zufall auf völlig im Urwald versunkene einstige Maya-Großstädte gestoßen sind. Die Frage ist also, ob im Muna-Wald die strikte Trennung „versiegelte Fläche vs. Waldfläche“ nach mehr als sieben Jahrzehnten überhaupt noch tragfähig ist, wo längst Sträucher und Bäume aus den einstigen Bunkeranlagen wachsen, die Fledermäuse zudem als Bruthöhlen nutzen.

Fränkisch-Disneyland

Center Parcs macht nun also tatsächlich ernst, nachdem in den vergangenen Monaten Spekulationen aufgekommen waren, dass das Projekt "vom Tisch" sei, zumal die Süddeutsche Zeitung mehrfach über Zahlungsschwierigkeiten des französischen Mutterkonzerns "Pierre et Vacances" berichtet hatte. Angeblich profitiere die heimische Wirtschaft vom Ganzjahrestourismus, etwa wenn Feriengäste die dortigen Supermärkte, Boutiquen oder Restaurants aufsuchten. Nicht auf der Folie zu finden ist hingegen die Information, dass die Zentren der Center Parcs grundsätzlich aus einer Restaurant- und Shopping-Meile bestehen, die dafür sorgen sollen, dass Feriengäste ihre mitgebrachte Kaufkraft möglichst komplett auf dem Gelände lassen, statt diese in die Gegend zu tragen. Heimische Gastronomen und Einzelhändler dürften also kaum vom Massentourismus profitieren, der selbstredend auch nicht die wirtschaftliche Existenz der bestehenden kleinen Hotels und der privaten Ferienhausbetreiber im Brombachtal gefährde – besagt zumindest ein von Center Parcs in Auftrag gegebenes Gutachten.

Die Bürgerinitiative "Seenland in Bürgerhand" ist weniger beeindruckt von der Präsentation des Touristikkonzerns, wohl aber von der eher am Rande erwähnten Artenvielfalt auf dem Muna-Gelände, die als Auszüge der noch nicht publizierten Umweltverträglichkeitsprüfung vorab vorgestellt wurden: der extrem seltene und daher streng geschützte Kammmolch etwa, dessen Bestände dank dem Menschen signifikant geschrumpft sind - indem wir ihre Habitate zerstören, das Grundwasser verunreinigen, indem wie unsere Felder überdüngen und bisweilen sogar unsere Fische in eigentlich fischfreie Gewässern "auswildern", die dort den Kammmolch-Laich fressen. Auch der Straßenverkehr trägt maßgeblich zum Populationsrückgang bei, da Molche und auch Frösche bei ihren Wanderungen in großen Zahlen überfahren werden.

Zu den sieben weiteren nachgewiesenen Amphibienarten zählen die Deutschland als gefährdet eingestuften Laubfrösche, hinzu kommen zahlreiche Insekten wie beispielsweise 74 Laufkäferarten, von denen 14 auf der Roten Liste stehen, sowie vier Reptilienarten, darunter Ringelnattern und die streng geschützten Zauneidechsen. Deren Bestände sind durch die Zerstörung ihrer Lebensräume und Kleinstrukturen in der Landschaft sehr stark dezimiert worden, wofür insbesondere die Wiederbewirtschaftung von Brachen und die Fragmentierung der Landschaft durch Straßenbau, Straßenverkehr und Siedlungsbau verantwortlich sind - also genau das, was dem Muna-Wald nun blüht. Die Anstrengungen von Center Parcs, diesen einzigartigen Lebensraum für Flora und Fauna zu "schützen", besteht darin, die Bau-Planungen leicht anzupassen und innerhalb des Muna-Geländes ein wenig zu verlagern. Indem einige Naturinselchen belassen würden, sei dem Umweltaspekt genüge getan.

"Center Parcs möchte aus diesem Naturparadies nun eine Art Disneyland mit einer 'Fränkische-Mühlen-Fantatsiewelt' machen, bei der die gnädigerweise nicht abgeholzten Restbäume immerhin noch als Naturkulisse für das Touristenidylle dienen dürfen", sagt Bürgerinitiativen-Sprecher Hans Maier spöttisch und schüttelt den Kopf. In einer ersten Stellungnahme gegenüber Pro Wald bemängelt "Seenland in Bürgerhand" den "oberflächlichen und fehlerhaften" Masterplan, der ökologische Aspekte den ökonomische Gesichtspunkte opfere. Das Engagement vieler Menschen vor Ort für den Muna-Wald und gegen das Massentourismusprojekt werde weitergehen.


Mehr auf Pro Wald

Waldsteckbrief Muna-Wald (Brombachsee): Gestern Munitionsfabrik, heute Naturparadies – morgen "Center Parc"?
Das große Artensterben: "Die Klimakrise ist das kleinere Problem"
(20.3.2021)

Mehr im www

Stellungnahme der BI: "Oberflächlicher und fehlerhafter Masterplan"(PDF, 19.3.2021)
Zwischenbericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung: Der Muna-Wald - ein Naturparadies (20.3.2021)
Online-Petition: Rettet den Muna-Wald!
Homepage der Bürgerinitiative "Seenland in Bürgerhand"
Aufklärung statt Geheimniskrämerei
(Süddeutsche Zeitung, 15.3.2021)
Center Parcs zeigt sein Dorf am Brombachsee (Altmühl-Bote, 16.3.2021)
Wertvoller Mischwald soll für ein Freizeitresort geopfert werden (Robin Wood, 12.3.2021)
 

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